Revision des Versicherungsvertragsgesetzes.

Ob Autoversicherung oder Rechtsschutz: Seit 2022 gelten neue rechtlichen Grundlagen. Was ändert sich für Sie?

JC
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Jennifer Couto

Jennifer ist seit Januar 2020 als Rechtsberaterin für die Fortuna Rechtsschutzversicherung, eine Tochtergesellschaft von Generali, tätig. Sie erarbeitet pragmatische Lösungen in vielen Rechtsgebieten wie dem Miet-, Arbeits- und Konsumrecht.

Das Versicherungsvertragsgesetz regelt die Beziehung zwischen Versicherungen und ihren Kundinnen und Kunden. Seit dem 1. Januar 2022 gelten durch die Revision neue Regeln. Hier geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Änderungen.

Das revidierte Versicherungsgesetz bringt viele Vorteile für Sie als Kundin oder Kunden mit sich und gilt für alle privaten Versicherungsverträge. Zum Beispiel für Haftpflichtversicherungen, Rechtsschutzversicherungen, Fahrzeugversicherungen sowie Kranken- und Unfallzusatzversicherungen. Nicht aber für die Grundversicherung der Krankenkasse.
 

6 wichtige Änderungen und Vorteile für Sie

  1. 14-tägiges Widerrufsrecht für Versicherungsnehmerinnen und -nehmer
  2. Ordentliches Kündigungsrecht nach drei Jahren
  3. Einseitiges Kündigungsrecht bei der Krankenzusatzversicherung im Schadenfall
  4. Verlängerung der Verjährungsfrist von zwei auf fünf Jahre
  5. Elektronischer Geschäftsverkehr
  6. Allgemeines direktes Forderungsrecht für alle Haftpflichtversicherungen

 

Die Revision des Versicherungsvertragsgesetzes war längst überfällig. In der neuen Fassung werden die Interessen der Versicherten stärker berücksichtigt.

 

1. 14-tägiges Widerrufsrecht für Versicherungsnehmerinnen und -nehmer

Wenn Sie einen Versicherungsantrag unterzeichnen, können Sie den Vertragsabschluss neu innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Die 14 Tage zählen ab dem Zeitpunkt, an dem Sie den Antrag unterschrieben haben. Um die Widerrufsfrist von 14 Tagen zu wahren, ist der Zeitpunkt des Absendens massgebend und nicht der Zeitpunkt des Eingangs bei der Versicherung. Wir empfehlen Ihnen, den Brief per Einschreiben zu versenden, damit Sie beweisen können, dass Sie die Frist eingehalten haben.

  • Beispiel: Sie haben am 4. Januar 2022 einen Versicherungsantrag unterzeichnet. Die Frist beginnt ab diesem Tag zu laufen. Sie haben somit bis zum 18. Januar 2022 Zeit, um das Widerrufsschreiben an die Versicherung zu schicken.
  • Gut zu wissen: Die Versicherung ist verpflichtet, Sie über dieses Widerrufsrecht zu informieren. Wenn Sie nicht oder erst nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist darauf aufmerksam gemacht wurden, haben Sie vier Wochen ab Kenntnisnahme der Widerrufsmöglichkeit Zeit, um Ihr Widerrufsrecht auszuüben.


2. Ordentliches Kündigungsrecht nach drei Jahren

Neu gilt, dass alle Versicherungsverträge nach dreijähriger Vertragsdauer auf Ende des dritten Vertragsjahres sowie in allen folgenden Jahren gekündigt werden können. Selbst dann, wenn eine längere Vertragsdauer ohne vorzeitiges Kündigungsrecht vereinbart worden ist. Sie müssen dabei eine Kündigungsfrist von drei Monaten einhalten. Die Kündigung muss schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, erfolgen. 

  • Beispiel: Am 1. November 2019 haben Sie einen Vertrag über eine Krankenzusatzversicherung mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen. Ab dem 31. Juli 2022 ist bereits eine Kündigung auf den 31. Oktober 2022 möglich, da der Vertrag länger als drei Jahre gedauert hat.
  • Gut zu wissen: Die Kündigung nach drei Jahren Vertragslaufzeit gilt auch für Verträge, die vor dem 1. Januar 2022 abgeschlossen wurden.

Die Parteien können auch einvernehmlich eine kürzere Vertragsdauer und kürzere Kündigungsfristen vereinbaren. Die Kündigungsfristen müssen aber für beide Parteien gleich sein.
 

3. Einseitiges Kündigungsrecht bei der Krankenzusatzversicherung im Schadenfall

Manchmal kommt es vor, dass die Krankenversicherung Ihre Zusatzversicherung kündigt, nachdem Sie einen Fall gemeldet haben, den die Krankenkasse bezahlt hat. Dies wird als «Kündigung im Schadenfall» bezeichnet. Von nun an können nur noch Versicherungsnehmerinnen und -nehmer im Schadenfall kündigen. Das heisst: nur noch Sie als Kundin oder Kunde. Die Krankenkasse selbst kann in diesem Fall nicht mehr kündigen.

  • Beispiel: Sie haben eine Zusatzversicherung für Alternativmedizin. Sie beantragen bei der Krankenkasse die Rückerstattung von Sitzungen für genau solche Alternativmedizin. Ihre Krankenkasse erstattet Ihnen Ihr Geld zurück. Sie haben nun das Recht, diese Police zu kündigen. Prüfen Sie zunächst die Kündigungsfrist in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Wenn dort nichts steht, können Sie spätestens bei der Auszahlung der Entschädigung kündigen. Ihre Versicherung hingegen darf Ihnen in diesem Fall nicht kündigen.
     

4. Verlängerung der Verjährungsfrist von zwei auf fünf Jahre

Ab dem 1. Januar 2022 ist es möglich, bis zu fünf Jahre nach Eintritt des Schadenereignisses Leistungen von der Versicherung zu verlangen.

  • Beispiel: Sie verursachen fahrlässig einen Schaden in der Wohnung, die Sie gemietet haben. Ab dem Eintritt dieses Schadens haben Sie nun fünf Jahre Zeit, um den Fall Ihrer Versicherung zu melden, damit diese die Kosten übernimmt.
  • Achtung: Dies gilt nicht für die kollektive Krankentaggeldversicherung. Die Verjährungsfrist beträgt weiterhin zwei Jahre. Ausserdem unterliegen Ereignisse, die vor dem 1. Januar 2022 eingetreten sind, weiterhin der zweijährigen Verjährungsfrist.

5. Elektronischer Geschäftsverkehr

Mitteilungen können künftig auf elektronischem Wege erfolgen und nicht mehr nur in einfacher Schriftform mit handschriftlicher Unterschrift. Es ist also nicht mehr notwendig, dass Sie Vertragsdokumente unterschreiben. Das einfache Senden einer E-Mail ist ausreichend, wenn Sie zum Beispiel eine Versicherung kündigen möchten.

  • Gut zu wissen: Dies gilt auch für Verträge, die vor dem 1. Januar 2022 abgeschlossen wurden.
     

6. Allgemeines direktes Forderungsrecht für alle Haftpflichtversicherungen

Wenn Ihnen eine Person einen Schaden zufügt, können Sie sich direkt an deren Haftpflichtversicherung wenden, um Schadenersatz zu erhalten.

  • Beispiel: Sie leihen einem Freund Ihr Smartphone. Dieser lässt es fallen und es geht kaputt. Sie können sich nun direkt an seine Haftpflichtversicherung wenden, um den Schaden ersetzt zu bekommen.

 

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